Klimakrise, Tierwohl, Proteinwende – nachhaltiger einkaufen soll in deutschen Supermärkten längst kein Nischenthema mehr sein. Doch wie ernst meinen es Aldi, Rewe und Co. wirklich?
Eine neue Untersuchung des Think Tanks "Questionmark" zeigt: Es gibt Fortschritte – aber auch noch jede Menge Luft nach oben. Für die Studie "Superlist Umwelt Deutschland" hat das Team von "Questionmark" die Nachhaltigkeitsstrategien der sechs größten Supermarktketten (Aldi Nord und Süd, Lidl, Kaufland, Edeka und Rewe) unter die Lupe genommen.
Im Fokus standen Klimaschutz, Landwirtschaft und vor allem die Frage, wie tierische durch pflanzliche Proteine ersetzt werden können.
Ein besonders zentraler Hebel für mehr Nachhaltigkeit im Einkaufskorb ist laut Studie der Proteingehalt – genauer gesagt: das Verhältnis von tierischen zu pflanzlichen Eiweißquellen im Sortiment.
Denn wo pflanzliche Proteine überwiegen, sinken nicht nur die Treibhausgasemissionen, sondern oft auch Tierleid und Flächenverbrauch. Lidl zeigt als einziger Konzern eine klare Strategie: Der Discounter will bis 2050 den Anteil pflanzlicher Proteine im Sortiment auf 60 Prozent steigern – und bis 2030 bereits 20 Prozent erreicht haben.
Rewe arbeitet laut eigenen Angaben inzwischen an einem ähnlichen Plan, allerdings erst nach Ende der Datenerhebung für die Superlist. Auch bei der Transparenz gibt es Unterschiede: Während Lidl und Kaufland konkrete Zahlen zur Zusammensetzung ihrer Proteinquellen veröffentlichen, bleibt Aldi Süd eher vage.
Wie stark Supermärkte unsere Kaufentscheidungen beeinflussen, ist längst belegt: Was wir im Prospekt sehen, wo Produkte stehen und wie viel sie kosten, wirkt sich direkt aufs Konsumverhalten aus.
Hier liegt laut der Studie noch einiges im Argen:
Zum Vergleich: In niederländischen Supermärkten liegt der Anteil pflanzlicher Werbung bereits bei 19 Prozent, und der Anteil übergroßer Fleischportionen nur bei 47 Prozent.
Einige Ketten versuchen immerhin, für mehr Transparenz zu sorgen. Rewe hat Anfang 2023 zum Beispiel in ausgewählten Märkten und online die Klimakosten verschiedener Lebensmittel kommuniziert. Aber auch das bleibt eher die Ausnahme. "Questionmark" kommt deswegen zu einem klaren Fazit: Supermärkte könnten es ihren Kund:innen sehr viel einfacher machen, nachhaltig zu kaufen.
Stattdessen dominieren weiter Fleischberge in XXL-Größe, Schnäppchenpreise und Käse im Sonderangebot. Wer da nicht aktiv sucht, läuft an nachhaltigen Optionen schnell vorbei. Und die Verantwortung für eine nachhaltigere Ernährung einfach auf die Verbraucher:innen abzuwälzen?
Das greift laut dem Fazit der Studie zu kurz – denn ob pflanzliche Alternativen auffallen, bezahlbar oder überhaupt verfügbar sind, liegt in den Händen der Supermärkte. Wer behauptet, nur die Kundschaft entscheide über Nachhaltigkeit, macht es sich ein bisschen zu einfach.