
Ena Mahmutovic und Stina Johannes stehen vor einer großen Zukunft im DFB-Tor. Bild: picture alliance / Fotostand fantini
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Die Rangordnung im DFB-Tor steht bei der EM unter einem klaren Motto. Ein Manko, das aber Ex-Nationaltorhüterin Almuth Schult ausgemacht hat, entkräften Nummer 2, Stina Johannes, und Ena Mahmutovic entschieden.
29.06.2025, 14:5329.06.2025, 14:53
Es ist etwas ungewöhnlich, einen Fußballtext über die deutsche Nationalmannschaft mit dem Basketball zu beginnen. Aber spätestens seit dem WM-Sieg der deutschen Mannschaft 2023 wurde Sport-Deutschland bewusst, wie wichtig es bei einem Turnier ist, den Spielern klare Rollen zuzuweisen.
Julian Nagelsmann holte sich dazu von Ex-Basketball-Nationaltrainer Gordon Herbert vor der EM im vergangenen Jahr Tipps ab. Ob sich Christian Wück und der 66-jährige Kanadier auch ausgetauscht haben, ist nicht bekannt. Doch auch der Bundestrainer der Frauen hat jeder Spielerin vor der EM in der Schweiz eine klare Rolle mitgeteilt.
Während es im Feld noch ein paar kleine Fragezeichen gibt, ist die Rollenverteilung im DFB-Tor glasklar. Ann-Katrin Berger ist die Nummer 1, Stina Johannes ihre Stellvertreterin und Bayerns Ena Mahmutovic die Nummer 3. Aber gibt es zwischen den Dreien wirklich kein Konkurrenzdenken – besonders mit Blick auf die Zukunft?
DFB-Frauen: Berger hat entscheidenden Vorteil im DFB-Tor
Dass Ann-Katrin Berger beim Turnier in der Schweiz zwischen den Pfosten stehen wird, verkündete DFB-Coach Christian Wück im März, nachdem alle drei Torhüterinnen unter ihm "nicht zu 100 Prozent fehlerfreie Leistungen" gezeigt hatten.
Dass es er sich für Deutschlands Fußballerin des Jahres 2024 entschied, begründete er auch mit ihrem Auftreten auf dem Platz und dass die 34-jährige Berger eine Sicherheit ausstrahlt, für die "eine junge Torhüterin vielleicht ein bisschen länger braucht".
"Es wird sicherlich noch eine kommen, die man aktuell gar nicht kennt."
DFB-Torhüterin Stina Johannes über die Situation im deutschen Tor
Eine Eigenschaft, die auch ihre beiden Konkurrentinnen an ihr bewundern. "Es gibt keine Situation im Fußball, die sie schocken würde", unterstreicht Stina Johannes im Gespräch mit watson beim Medientag des DFB-Teams. "Sie weiß manchmal schon viel früher, wo der Ball hinkommt. Sie spekuliert nicht, sondern antizipiert in der Raumverteidigung die Situation ganz genau. Da kann man sich viel abgucken", fügt Mahmutovic im Gespräch mit watson hinzu.

Ann-Katrin Berger ist seit den Olympischen Spielen 2024 die Nummer 1 im deutschen Tor. Bild: dpa / Carmen Jaspersen
Von einem verlorenen Konkurrenzkampf wollen die beiden Jung-Torhüterinnen jedoch nichts wissen. "Wir haben eine lockere und entspannte Atmosphäre und schätzen jeden Charakter. Grundsätzlich entscheidet der Trainer, wer auf welcher Position ist, daher stecken wir nicht in der Entscheidung, sondern versuchen einfach, gut zu trainieren", macht Johannes deutlich.
Es sei ein angenehmes Klima, man würde eben gut voneinander lernen, betonte auch Mahmutovic. Daher läuft die EM im Torhütertrio unter dem Motto: "Anne macht ihr Ding." Und dabei sollen sie Johannes und Mahmutovic unterstützen.
Das fängt bereits beim Aufwärmen an, damit "sie auf Temperatur kommt", und geht beim Torschuss kurz vor Spielbeginn weiter, "weil sie natürlich vom Volumen nicht alles machen kann", erklärt Johannes ihre Rolle als Nummer 2. "Aber im Endeffekt braucht sie, glaube ich, viel weniger Hilfe, als irgendwer denken würde." Anne macht eben ihr Ding.
DFB-Frauen: Almuth Schult sieht Problem – Duo widerspricht
Trotz aller Erfahrung, die Berger im Vereinsfußball mit Paris, dem FC Chelsea und New York schon gesammelt habe, sieht Almuth Schult, Ex-Nationaltorhüterin und heutige ARD-Expertin, ein Manko.
Im watson-Interview nach der Kader-Bekanntgabe sagte sie: "Mit Ann-Katrin Berger haben wir eine sehr erfahrene Torhüterin, wenngleich sie noch nicht allzu viele Länderspiele und mit Olympia erst ein Turnier selbst gespielt hat. Ihre Leistung bei dem Turnier war auch zum Teil durchwachsen, lebt in der Bewertung sehr von den gehaltenen Elfmetern."
Insgesamt haben sich alle Torhüterinnen, "die im Dunstkreis der Nationalmannschaft sind, noch nicht jahrelang auf Spitzenniveau bewiesen".
Angesprochen auf diese Aussage, zucken Johannes und Mahmutovic nur mit den Schultern. Mahmutovic sagt:
"Ich glaube, wir haben beide schon ein paar Bundesliga-Saisons hinter uns. Stina hat auch schon Champions League gespielt, ich habe bei Bayern in der vergangenen Saison auch ein paar Partien absolviert. Wir können dafür nichts, dass wir beide noch jung sind und irgendwo muss die Erfahrung herkommen. Jetzt ein weiteres Turnier mitzunehmen, kann dabei nur helfen."
Und Johannes fügt hinzu: "Wir werden unsere Erfahrungen über den Verein machen und dann wird man sehen, wie es in der Nationalmannschaft ist und ob wir Spiele absolvieren werden."
DFB-Frauen: Wer folgt auf Ann-Katrin Berger?
Wie es mit der 34-jährigen Berger nach dem Turnier weitergeht, ist noch offen. Ewig wird sie nicht mehr zwischen den Pfosten stehen. Bereits im Oktober 2024 erklärte der Bundestrainer, dass man "allerspätestens" für die nächste EM in vier Jahren eine Nachfolgelösung brauche.
Johannes, 25 Jahre, wird ab der kommenden Saison in Wolfsburg weitere Erfahrungen auf Champions-League-Niveau sammeln können. Mahmutovic, 21 Jahre, steht weiterhin beim FC Bayern unter Vertrag und liefert sich dort einen Zweikampf mit Maria Luisa Grohs.

DFB-Torwarttrainer Michael Fuchs mit dem Trio Johannes, Mahmutovic und Borggräfe.Bild: Fotostand / Fantini
Die 24-Jährige steht für die aktuelle EM nur auf der Abrufliste, nachdem sie nach einer Tumorerkrankung erst im März ihr Comeback gefeiert hatte. Auch sie darf sich langfristig berechtige Hoffnungen auf eine Nominierung von Christian Wück machen.
Trotz des Erfahrungsvorsprungs erheben Johannes und Mahmutovic keine Ansprüche. Ob die Rollen auch nach dem Turnier so bleiben, "wird man sehen, das wird sich über Jahre entwickeln", sagt Johannes.
Zudem bringt sie noch weitere Konkurrenz ins Spiel. "Es gibt noch andere gute Torhüterinnen in Deutschland und es wird sicherlich noch eine kommen, die man aktuell gar nicht kennt."
Dabei reicht schon ein Blick auf die unmittelbare Gegenwart. Falls Sophia Winkler (21 Jahre), die Johannes in Frankfurt ersetzt, nach ihrem Kreuzbandriss zu alter Form zurückfindet, dürfte sie ebenfalls ins Blickfeld der Nationalmannschaft kommen. Da Ann-Katrin Berger auch erst verspätet ins DFB-Vorbereitungscamp reisen konnte, war zudem Rafaela Borggräfe (25 Jahre) Teil des DFB-Teams.
Und so wird es auch mit einem Blick auf die Zeit nach dem Turnier für Christian Wück wieder darum gehen, die Rollen klar zu verteilen.
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